Der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) der Universität Trier verurteilt die im Rahmen der Verleihung des „World Award for Book of the Year of the Islamic Republic of Iran“, eines Buchpreises des iranischen Regimes, an JProf. Dr. Andreas Lammer von Seiten der Universität an den Tag gelegte moralische Prinzipienlosigkeit. Insbesondere der Umstand, dass explizit damit geworben wurde, dass der Preis vom iranischen Staatspräsidenten Hassan Rohani, der u. a. im Jahr 1999 die Todesstrafe für protestierende Studierende forderte und Israel immer wieder als „große(n) zionistischen Satan“(1) und als „Krebsgeschwür“(2) bezeichnet, verliehen wurde, zeugt von inakzeptabler politischer Insensibilität.
Der Versuch von Seiten der Universität, eine Trennung zwischen Wissenschaft und Politik herzustellen (3), ist gerade in Bezug auf das islamistische, antisemitische (4) Regime in Teheran nicht nur naiv, sondern politisch fahrlässig. Die Universität verstehe den Preis als „ein Angebot des Irans an internationale Wissenschaftler, miteinander in Kontakt zu kommen“. Die Wissenschaft solle „Raum für einen sachlichen und ideologisch unbelasteten Austausch bieten“ (5). Die Behauptung, dass ein „ideologisch unbelasteter“ Austausch mit einem islamistischen Regime und seinen Universitäten möglich sei, ist nicht haltbar, wenn man sich mit dem Mullah-Regime auseinandergesetzt hat.
Ebenso wurde das Expertengremium von Seiten des „Ministeriums für Kultur und islamische Führung“ besetzt (6), weshalb der Preis nicht auf Grund von wissenschaftlichen Kriterien vergeben wurde, sondern zumindest indirekt auf einer politischen Entscheidung beruhte (7). Die Universität Trier reproduziert in ihren Statements das Narrativ des iranischen Regimes und macht sich damit implizit zum Sprachrohr eines totalitär-fundamentalistischen Regimes, das Homosexuelle öffentlich hinrichtet (8), Frauen unterdrückt (9), den Holocaust leugnet (10), dem Staat der Holocaustüberlebenden, der in der antisemitischen Agitation des iranischen Regimes die Rolle des „Kollektivjuden“ einnimmt (11) und als Feind von iranischem Staat und Bevölkerung imaginiert wird (12), regelmäßg mit Vernichtung droht (13) und erst vor kurzem bei regierungskritischen Protesten mindestens 1500 Demonstrierende ermorden ließ, wobei weiteren 180 als „Rädelsführer“ identifizierten Protestierenden die Todesstrafe droht (14). Wie Prof. Dr. Susanne Schröter, Professorin für „Ethnologie kolonialer und postkolonialer Ordnungen“ an der Goethe-Universität Frankfurt und Vorstandsmitglied der „Deutschen Orient-Stiftung“, im Interview mit der Jerusalem Post hervorhob, wurde der Preis nicht von einer „dissident academic association“ vergeben, „but by the leading elite in the form of their president. This has nothing to do with educational openness, but only with a clever move by the regime to restore its crumbling international legitimacy. Academics should not take part in this game“ (15).
Auch Dr. Elvira Grözinger, stellvertretende Vorsitzende der deutschen Sektion von Scholar for Peace in the Middle East, verurteilte die Annahme des Preises durch Herrn JProf. Dr. Lammer: „Accepting this award from the bloodstained hands of a dictator is an utterly unethical kowtow! It slams the humanistic ideals of scientific cooperation between scholars and demonstrates a decay of academic standards both on the part of the university and the scholar“ (16).
Diesen Einschätzungen schließen wir uns ausdrücklich an! Vom Kulturministerium und dem Staatspräsidenten eines solchen Regimes einen Preis anzunehmen, halten wir für inakzeptabel. Eine Distanzierung von Nationalismus und Xenophobie ohne in diesem Zusammenhang Antisemitismus zu nennen bzw. auf Nachfrage, was das eigene Verständnis von Antisemitismus sei, nicht zu antworten, wie durch Universitätspräsidenten Jäckel auf Nachfrage der Jerusalem Post geschehen (17), ist beschämend. Wir fordern daher sowohl JProf. Dr. Lammer als auch die Universitätsleitung auf, zum Vorfall Stellung zu beziehen und sich klar vom iranischen Regime zu distanzieren!
Quellen:
(1) Grigat, Stephan (2013): Das freundliche Gesicht des Terrors, in: Zeit Online. URL: https://www.zeit.de/2013/31/iran-ruhani-op-ed-stephan-grigat/komplettansicht (19.02.20).
(2) WELT (2018): Irans Präsident bezeichnet Israel als „Krebsgeschwür“, in: WELT. URL: https://www.welt.de/politik/ausland/article184427622/Hassan-Ruhani-Irans-Praesident-bezeichnet-Israel-als-Krebsgeschwuer.html? (19.02.20).
(3) https://www.facebook.com/uni.trier/photos/a.295033920511159/3222018624479326/?type=3&theater
(4) Grigat, Stephan (2018): Antisemitismus im Iran seit 1979: Holocaustleugnung und Israelhass in der ‚Islamischen Republik‘, in: Grimm, Marc/Kahmann, Bodo (Hrsg.): Antisemitismus im 21. Jahrhundert: Virulenz einer alten Feindschaft in Zeiten von Islamismus und Terror. Berlin, Boston: De Gruyter, S. 199–224. Vgl. auch Marz, Ulrike (2017): Moderner Antimodernismus. Der antisemitische Hass auf den Westen in der Ideologie der iranischen Islamisten, in: Grigat, Stephan (Hrsg.): Iran – Israel – Deutschland. Antisemitismus, Außenhandel und Atomprogramm. Berlin: Hentrich & Hentrich, S. 114-134, hier S. 119.
(5) https://www.facebook.com/uni.trier/photos/a.295033920511159/3222018624479326/?type=3&theater
(6) Mina Ahadi (2020): „Es ist unanständig, einen Preis von Islamisten anzunehmen“, in: Humanistischer Pressedienst. URL: https://hpd.de/artikel/es-unanstaendig-einen-preis-islamisten-anzunehmen-17739?fbclid=IwAR3gXBvbvJn1ReAeHRVKYbWkaPpOrqjUeNwHaS9DXU0owDsMFXFZF5u0yk0 (26.02.20).
(7) Zu den hierarchischen Strukturen im iranischen Wissenschaftsbetriebs vgl. auch: DAAD (2019): Kurze Einführung in das Hochschulsystem und die DAAD-Aktivitäten | 2019, in: Deutscher Akademischer Austauschdienst. URL: https://static.daad.de/media/daad_de/pdfs_nicht_barrierefrei/laenderinformationen/asien/iran_daad_sachstand.pdf (26.02.20).
(8) Dimitriu, Marc (2019): Iran verteidigt Hinrichtung Homosexueller – Maas schweigt dazu bei Besuch, in: Merkur. URL: https://www.merkur.de/politik/iran-maas-machte-keine-fortschritte-kritik-an-hinrichtung-homosexueller-zr-12372393.html (19.02.20).
(9) Internationale Gesellschaft für Menschenrechte: Frauenrechte im Iran, in: IGfM. URL: https://www.igfm.de/frauen-im-iran/ (19.02.20).
(10) Litvak, Meir (2006): The Islamic Republic of Iran and the Holocaust: Anti-Semitism and AntiZionism, in: Journal of Israeli History, 25 (1), 267-284. Vgl. auch Jaspal, Rusi (2013): Anti-Semitism and anti-Zionism in Iran, in: Israel Affairs, 19 (2), 231-258.
(11) Marz, Ulrike (2014): Kritik des islamischen Antisemitismus. Zur gesellschaftlichen Genese und Semantik des Antisemitismus in der Islamischen Republik Iran. Münster: Lit, S. 205.
(12) Shahvar, Soli (2009): The Islamic Regime in Iran and Its Attitude towards the Jews: The Religious and Political Dimensions. In: Immigrants & Minorities, 27 (1), S. 82-117, hier S. 105.
(13) Jüdische Allgemeine (2019): „Von Israel wird nur noch Staub übrig bleiben“, in: Jüdische Allgemeine. URL: https://www.juedische-allgemeine.de/israel/von-israel-wird-noch-nur-noch-staub-uebrig-bleiben/ (19.02.20).
(14) Deutsche Welle (2019): Bericht: Iran geht von 1500 Toten bei Unruhen aus, in: Deutsche Welle. URL: https://www.dw.com/de/bericht-iran-geht-von-1500-toten-bei-unruhen-aus/a-51780047 (19.02.20).
(15) Weinthal, Benjamin (2020): German university under fire for award from Iran‘s ‚antisemitic‘ regime, in: Jerusalem Post. URL: https://www.jpost.com/Diaspora/Antisemitism/German-university-under-fire-for-accepting-award-from-Irans-regime-617996?fbclid=IwAR3YtOXYkq-iUnFIaiUe6cYMHj0TtkPPmXX8OQeE9YnWpAVOWj2yGv8Q4Eg (19.02.20).
(16) ebd.
(17) ebd.